Schwimmbrille
5. Juni 2021Der persönliche Winter
6. Juni 2021Das Wohnmobil
Das Wohnmobil steht an der Straße, wie immer! Es bewegt sich nicht, wie auch, der Fahrer ist schließlich verstorben. Herzinfarkt nach Schnee schippen, der Klassiker, wie ich später von allen Seiten höre. Der Fahrer war mein Mann.
Jedes Mal, wenn ich im Haus die Treppe im Flur rauf oder runter gehe, scheint das Wohnmobil mich durch die Fenster anzuschauen. Es wartet. Zunächst ist der Anblick beruhigend, eine Konstante in meinem Leben, welches gerade in tausend Teile zersprungen ist. Später steht es nur noch rum und ist Erinnerung, Vorwurf, Mahnung, Verkehrsberuhigung und vieles mehr.
Die Zeit vergeht, Tage, Wochen, dann zwei Monate. Und plötzlich muss es weg. Ich ertrage den Anblick des Wohnmobils nicht mehr! Die ständige Erinnerung an meinen Mann und seinen großen Traum: Genau dieses Wohnmobil! Der Anblick ist belastend, steht für all das, was jetzt in meinem Leben zu räumen und zu richten ist! Weg damit, sofort, am besten gestern! Ausräumen, Mann, wie viel ging da rein! Aber nach einem Tag ist auch das geschafft.
Der erste Händler, der das Wohnmobil besichtigt, will es geschenkt haben, diesen Eindruck vermittelt er zumindest. Ausnutzen einer vermeintlichen Notlage, aber nicht mit mir! Ich kenne den Wert, zumindest ungefähr. Das Optimum muss es nicht bringen, ein Verkauf an einen Wiederverkäufer, sprich Händler, ist in Ordnung, dafür nehme ich auch einen Abschlag in Kauf. Aber kein Verkauf um des Verkaufens willen! Ich schalte eine Anzeige im Internet. Mühsam die Erstellung, Eingabe all der Details, aber notwendig. Die Anzeige ist noch gar nicht richtig freigeschaltet, schon der erste Anruf. Ein Händler ist dran, gebrochenes Deutsch, aber der klare Wille, das Wohnmobil kaufen zu wollen, erste Kaufverhandlungen am Telefon. Der Preis sinkt, einverstanden, Hauptsache verkaufen, möglichst schnell, noch liegt der Preis deutlich über der eigenen Mindest- und Schmerzgrenze! Es ist Samstagmittag, am Dienstag könne er kommen, sagt der Händler. Okay, ich vertraue ihm und nehme die Anzeige raus. Keine 10 Minuten hat das Ganze gedauert.
Sollte ein Verkauf wirklich so einfach sein?
Der Dienstag kommt und ich fahre zum Bahnhof, den Händler dort abholend, denn Taxen müssen in unserer Gegend vorbestellt werden. Zudem steht das Wohnmobil inzwischen in Bahnhofsnähe, Zuhause wollte ich den Händler nicht haben. Ich erkenne den Händler sofort, die roten Nummernschilder für die Überführung schauen aus der mitgebrachten Tasche. Eine meiner einfacheren Übungen.
Sinnloses Geplapper auf der kurzen Autofahrt zum Wohnmobil, Smalltalk, was sonst mit einem Fremden. Befangene Stille. Das Wohnmobil wird auf „Herz und Nieren“ geprüft, kleinere Wehwehchen, aber im Großen und Ganzen besteht es den Gesundheitstest. Probefahrt, Nachverhandlungen beim Preis, hm, nicht unerwartet, nicht wirklich mein Metier. Der Händler will es kaufen, ich will es los werden, er ist deutlich besser im Verhandeln, routinierter, das ist sein Alltagsgeschäft. Mein Widerstand schmilzt dahin. Interessant wird es beim Ausfüllen des Kaufvertrags, beim Austausch der Personalien. Ich hatte ihn auf mein Alter plus 5 Jahre geschätzt, er mich auf sein Alter. In Wirklichkeit ist er 5 Jahre jünger als ich. Was sagt mir das über mein Aussehen? Trauer scheint mir gut zu stehen, schwarz macht bekanntlich schlank. Aber dieser kurze Austausch von Höflichkeiten tut mir gut. Ein Stück Normalität in einer schweren Zeit. Der Mann ist mir sympathisch.
Am Ende verlasse ich fluchtartig und tränenblind das Wohnmobil, ohne Blick zurück, ohne Abschied, es geht nicht mehr. So unhöflich bin ich sonst nicht. Daher wünsche ich etwas später, als ich wieder klar denken kann, per Mail eine gute Heimreise. Das ist der Anfang eines knapp 1,5 Jahre andauernden, teilweise recht intensiven Kontakts.
Letztendlich hat der Händler den vollen Preis für das Wohnmobil bezahlt, den Restbetrag nur in anderer Währung.
Das war der beste Verkauf meines Lebens!
Jedes Mal, wenn ich im Haus die Treppe im Flur rauf oder runter gehe, scheint das Wohnmobil mich durch die Fenster anzuschauen. Es wartet. Zunächst ist der Anblick beruhigend, eine Konstante in meinem Leben, welches gerade in tausend Teile zersprungen ist. Später steht es nur noch rum und ist Erinnerung, Vorwurf, Mahnung, Verkehrsberuhigung und vieles mehr.
Die Zeit vergeht, Tage, Wochen, dann zwei Monate. Und plötzlich muss es weg. Ich ertrage den Anblick des Wohnmobils nicht mehr! Die ständige Erinnerung an meinen Mann und seinen großen Traum: Genau dieses Wohnmobil! Der Anblick ist belastend, steht für all das, was jetzt in meinem Leben zu räumen und zu richten ist! Weg damit, sofort, am besten gestern! Ausräumen, Mann, wie viel ging da rein! Aber nach einem Tag ist auch das geschafft.
Der erste Händler, der das Wohnmobil besichtigt, will es geschenkt haben, diesen Eindruck vermittelt er zumindest. Ausnutzen einer vermeintlichen Notlage, aber nicht mit mir! Ich kenne den Wert, zumindest ungefähr. Das Optimum muss es nicht bringen, ein Verkauf an einen Wiederverkäufer, sprich Händler, ist in Ordnung, dafür nehme ich auch einen Abschlag in Kauf. Aber kein Verkauf um des Verkaufens willen! Ich schalte eine Anzeige im Internet. Mühsam die Erstellung, Eingabe all der Details, aber notwendig. Die Anzeige ist noch gar nicht richtig freigeschaltet, schon der erste Anruf. Ein Händler ist dran, gebrochenes Deutsch, aber der klare Wille, das Wohnmobil kaufen zu wollen, erste Kaufverhandlungen am Telefon. Der Preis sinkt, einverstanden, Hauptsache verkaufen, möglichst schnell, noch liegt der Preis deutlich über der eigenen Mindest- und Schmerzgrenze! Es ist Samstagmittag, am Dienstag könne er kommen, sagt der Händler. Okay, ich vertraue ihm und nehme die Anzeige raus. Keine 10 Minuten hat das Ganze gedauert.
Sollte ein Verkauf wirklich so einfach sein?
Der Dienstag kommt und ich fahre zum Bahnhof, den Händler dort abholend, denn Taxen müssen in unserer Gegend vorbestellt werden. Zudem steht das Wohnmobil inzwischen in Bahnhofsnähe, Zuhause wollte ich den Händler nicht haben. Ich erkenne den Händler sofort, die roten Nummernschilder für die Überführung schauen aus der mitgebrachten Tasche. Eine meiner einfacheren Übungen.
Sinnloses Geplapper auf der kurzen Autofahrt zum Wohnmobil, Smalltalk, was sonst mit einem Fremden. Befangene Stille. Das Wohnmobil wird auf „Herz und Nieren“ geprüft, kleinere Wehwehchen, aber im Großen und Ganzen besteht es den Gesundheitstest. Probefahrt, Nachverhandlungen beim Preis, hm, nicht unerwartet, nicht wirklich mein Metier. Der Händler will es kaufen, ich will es los werden, er ist deutlich besser im Verhandeln, routinierter, das ist sein Alltagsgeschäft. Mein Widerstand schmilzt dahin. Interessant wird es beim Ausfüllen des Kaufvertrags, beim Austausch der Personalien. Ich hatte ihn auf mein Alter plus 5 Jahre geschätzt, er mich auf sein Alter. In Wirklichkeit ist er 5 Jahre jünger als ich. Was sagt mir das über mein Aussehen? Trauer scheint mir gut zu stehen, schwarz macht bekanntlich schlank. Aber dieser kurze Austausch von Höflichkeiten tut mir gut. Ein Stück Normalität in einer schweren Zeit. Der Mann ist mir sympathisch.
Am Ende verlasse ich fluchtartig und tränenblind das Wohnmobil, ohne Blick zurück, ohne Abschied, es geht nicht mehr. So unhöflich bin ich sonst nicht. Daher wünsche ich etwas später, als ich wieder klar denken kann, per Mail eine gute Heimreise. Das ist der Anfang eines knapp 1,5 Jahre andauernden, teilweise recht intensiven Kontakts.
Letztendlich hat der Händler den vollen Preis für das Wohnmobil bezahlt, den Restbetrag nur in anderer Währung.
Das war der beste Verkauf meines Lebens!